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23.12.2025 13:00

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Microsofts digitaler Friedhof: Wo sind die beliebten Apps geblieben?

In der Technologie ist die einzige Konstante der Wandel.
Microsofts digitaler Friedhof: Wo sind die beliebten Apps geblieben?

Wenn wir unsere Computer nach einem größeren Windows-Update einschalten, bemerken wir oft, dass sich einiges verändert hat. Symbole haben sich geändert, Menüs wurden verschoben, und manchmal sind bestimmte Programme einfach verschwunden. Microsoft, der Technologiekonzern aus Redmond, ist bekannt für seinen ständigen Innovationszyklus und die damit einhergehende „Frühjahrsreinigung“, bei der alte, weniger profitable oder technologisch veraltete Programme neueren, oft KI-gestützten Lösungen weichen. Genau wie Google Microsoft verfügt außerdem über einen riesigen Friedhof, auf dem eine Vielzahl von Programmen ruhen, die wir einst benutzt haben.

Wordpad: Das Ende des stillen Begleiters

Es gibt wohl kaum einen Windows-Nutzer, der WordPad nicht mindestens einmal geöffnet hat. Es war der perfekte Kompromiss – leistungsfähiger als ein einfacher Editor, aber weniger kompliziert und zeitaufwendig als das vollwertige Microsoft Word. WordPad begleitet uns seit fast 30 Jahren und erschien erstmals in Windows 95. Es war ein Retter in der Not, wenn man schnell Notizen machen wollte, ohne Office auf dem Computer installiert zu haben, und ein treuer Begleiter für Studenten, die nur grundlegende Textformatierungen benötigten.

Im Jahr 2024, mit dem Windows 11-Update 24H2, traf Microsoft jedoch die endgültige Entscheidung, WordPad einzustellen. Der offizielle Grund ist einfach: Das Programm wurde nicht mehr weiterentwickelt. Angesichts kostenloser Online-Texteditoren wie Google Docs und Word Online ist ein lokaler Texteditor mit eingeschränktem Funktionsumfang (RTF-Format) überflüssig geworden. Für einfache Textbearbeitung empfiehlt Microsoft nun den aktualisierten Notepad, der endlich Tabs und einen Dunkelmodus bietet, und für alles andere natürlich das kostenpflichtige Word. Trotz dieser logisch erscheinenden Entscheidung vermissen viele Nutzer die Einfachheit von WordPad, das weder eine Cloud-Anmeldung noch ein monatliches Abonnement erforderte, sondern einfach funktionierte.

Ein gescheitertes Experiment mit 3D-Erstellung

2017 kündigte Microsoft mit großem Tamtam das „Creators Update“ für Windows 10 an. Star des Updates war Paint 3D, ein Programm, das das legendäre Paint ersetzen sollte. Die Vision war, jedem die Erstellung dreidimensionaler Modelle zu ermöglichen, die anschließend in Augmented Reality verwendet oder sogar mit 3D-Druckern ausgedruckt werden konnten. Microsoft glaubte, dass 3D die nächste große Revolution im Bereich Heimcomputer sein würde.

Doch die Realität sah anders aus. Die Nutzer wollten keine komplizierte Benutzeroberfläche und keine langsamen Ladezeiten für 3D-Modelle. Sie wollten lediglich schnell ein Bild zuschneiden, einen wichtigen Bereich eines Screenshots rot einkreisen oder die Datei in einem anderen Format speichern. Paint 3D war für diese einfachen Aufgaben zu umständlich und langsam. Ironischerweise wehrten sich die Nutzer so vehement gegen die Abschaffung des klassischen Painters, dass Microsoft ihn schließlich behalten musste.

Heute ist die Geschichte zu Ende. Im November 2024 wurde Paint 3D aus dem Microsoft Store entfernt und erhält keine Updates mehr. Das klassische Painter hingegen erlebte eine Renaissance mit neuen Funktionen wie Ebenen und KI-Werkzeugen zum Entfernen von Hintergründen. Paint 3D wird als interessanter, aber fehlgeleiteter Versuch in Erinnerung bleiben, uns Technologie aufzuzwingen, die wir eigentlich nicht brauchten.

Eine kurze und traurige Geschichte über Android auf Windows

Eine der vielversprechendsten Ankündigungen bei der Veröffentlichung von Windows 11 war die Möglichkeit, Android-Apps auszuführen. Eine Funktion namens Windows-Subsystem für Android (WSA) versprach, die Grenzen zwischen Mobilgerät und Computer zu verwischen. Die Idee war fantastisch. Man könnte mobile Spiele spielen, Smart-Home-Apps nutzen oder TikTok auf dem großen Bildschirm durchstöbern, ohne das Smartphone zu benötigen.

Das Problem lag in der Umsetzung. Microsoft ging keine Partnerschaft mit Google ein, sondern mit Amazon. Das bedeutete, dass Nutzer keinen Zugriff auf den Google Play Store hatten, wo sich die meisten beliebten Apps befinden, sondern nur auf den deutlich eingeschränkteren Amazon Appstore. Technisch versierte Nutzer fanden zwar Wege, die Google-Dienste zu umgehen, doch für den Durchschnittsnutzer war die Bedienung zu eingeschränkt und kompliziert. Auch zeigten App-Entwickler wenig Interesse daran, ihre Apps für Windows zu optimieren.

Es überrascht daher nicht, dass Microsoft die Einstellung dieser Funktion angekündigt hat. Der Support endet offiziell am 5. März 2025.

Wenn eine Assistentin ihre Stimme verliert

Cortana war Microsofts Antwort auf Apples Siri und Amazons Alexa. Benannt nach der künstlichen Intelligenz aus dem beliebten Videospiel Halo, verlieh ihr das einen hohen Wiedererkennungswert und eine eigene Persönlichkeit. Jahrelang war Cortana tief in Windows 10 integriert, obwohl viele Nutzer sie nie richtig kennenlernten, da sie nicht in allen Sprachen und Regionen verfügbar war.

Wer wusste, wie man diese Einschränkung umgehen konnte, nutzte Cortana bereits bei der Systemeinrichtung, diktierte ihr Erinnerungen, überprüfte gemeinsam das Wetter oder öffnete Programme. Microsofts Vision war, dass wir so natürlich mit unseren Computern sprechen würden wie mit Menschen. Diese Vision ist auch heute noch gültig, allerdings in Verbindung mit künstlicher Intelligenz.

Cortana schaffte es nie auf Smartphones, obwohl dort der Markt für digitale Assistenten seinen Ursprung hatte. Da Microsofts mobiles Betriebssystem scheiterte, blieb Cortana auf Desktop-Computer beschränkt, wo die meisten Nutzer lieber tippen als sprechen. Mit der Zeit wurde sie zu einer lästigen Angelegenheit, die die Nutzer abschalten wollten. Mit dem Aufkommen generativer künstlicher Intelligenz wurde die „alte“ Benutzeroberflächentechnologie hinter Cortana überholt.

Ende 2023 stellte Microsoft die eigenständige Cortana-App in Windows 11 ein. Copilot trat an ihre Stelle.

Träume aus gemischten Realitäten

Vor einigen Jahren war Virtual Reality (VR) in aller Munde. Microsoft betrat den Markt mit seiner Windows Mixed Reality (WMR)-Plattform, die im Vergleich zu Konkurrenten wie Oculus (jetzt Meta) und HTC einen günstigeren und einfacheren Einstieg in die VR-Welt bot. Hersteller wie HP, Lenovo und Samsung produzierten solide Headsets, die keine externen Sensoren benötigten.

Trotz vielversprechendem Start konnte sich die Plattform bei Gamern nie wirklich durchsetzen, die SteamVR bevorzugten. Auch bei Geschäftskunden fand sie wenig Anklang; sie griffen lieber zum teureren HoloLens-Headset. Microsoft scheint das Interesse am VR-Markt für Endverbraucher verloren zu haben. Mit Windows 11 24H2 wurde die Unterstützung für Windows Mixed Reality entfernt. Besitzer dieser Headsets können ihre Hardware daher nicht mehr mit den neuesten Windows-Versionen nutzen. Die vollständige Unterstützung ist für November 2026 geplant.

Ein nostalgischer Blick in die Vergangenheit

Die zuvor genannten Pensionierungen liegen zwar noch nicht lange zurück, aber es gibt immer noch einige Legenden im Microsoft-Friedhof.

Der erste Browser ist natürlich der Internet Explorer. Er war einst ein Synonym für das Internet. Er war der Browser, der uns als Erste online brachte. Schließlich wurde er Opfer seines eigenen Erfolgs und seiner Sicherheitslücken und wurde zum Gespött des Internets wegen seiner Langsamkeit. 2022 wurde er endgültig eingestellt, doch sein Geist lebt im „IE-Modus“ des Edge-Browsers weiter, den manche Unternehmen für ältere Websites immer noch benötigen.

Ein weiterer Gigant der Nostalgie ist Windows Movie Maker. Für eine ganze Generation war er der erste Kontakt mit Videobearbeitung. Er war einfach, stürzte oft unerwartet ab, ermöglichte es uns aber, selbstgedrehte Strandvideos mit Musik und kitschigen Übergängen zu versehen. Er wurde vom Online-Editor Clipchamp abgelöst, dem für viele dieser einfache, altmodische Charme fehlt.

Und schließlich MSN Messenger. Vor Facebook und Instagram war er der Mittelpunkt unseres sozialen Lebens. Nachrichten schreiben, Spiele im Chat spielen und komplizierte Statusmeldungen posten gehörten zum Alltag. Microsoft stellte den Dienst nach der Übernahme von Skype ein, doch viele sind sich einig, dass Skype die entspannte Atmosphäre von MSN nie wieder erreichen konnte.

Die eingestellten Anwendungen zeigen, was Microsoft von seinen Programmen erwartet. Alles, was nicht zur Cloud- und KI-Vision beiträgt, ist gefährdet. Lokale Tools werden zugunsten von Webdiensten schrittweise ersetzt, und eigenständige Anwendungen werden in größere Plattformen (wie Teams oder Office 365) integriert.

Für die Nutzer ist dies ein zweischneidiges Schwert. Einerseits erhalten wir fortschrittlichere Werkzeuge, die uns viel Zeit sparen können. Andererseits verlieren wir die Kontrolle über unsere Software.




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